Gläser von 1500 bis 1850

Von den inzwischen rund 300 Gläsern der Sammlung Liaunig wird in dieser zweiten Sammlungspräsentation eine repräsentative Auswahl von 120 zwischen dem Anfang des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Stücken gezeigt, die einen Einblick in die Geschichte der europäischen Glaskunst von den Anfängen in Venedig um 1500 bis zu den Meistern der Gravur der Biedermeierzeit geben.

Anhand der gezeigten Exponate aus den unterschiedlichen Epochen lassen sich die vielfältigen und innovativen Bearbeitungs- und Dekorationstechniken erfassen, die berühmte aber auch unbekannte Meister im Laufe der Epochen entwickelt haben, um das Material Glas zu gestalten.

Venedig als Wiege der mitteleuropäischen Glaskunst ist nicht nur für seine hauchdünnen, farblosen Glasgefäße bekannt, die zu jener Zeit genauso kostbar wie Gold und Edelsteine waren, sondern auch für die vielen verschiedenen Dekorationsarten, die bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben. Der Glanz der Renaissance lässt sich am besten durch die Tazza aus dem Service der Medicischen Päpste darstellen. Herrscher wie Ferdinand von Tirol mussten den Dogen von Venedig um zeitweilige Überlassung der berühmten Glasmacher bitten, da diese mehr oder weniger in Murano festsaßen. Die Haller Glashütte war die zeitlich früheste und langlebigste nördlich der Alpen, die farbloses Glas nach venezianischem Vorbild herstellte. Sie war auch die einzige, die mit deutschen Glasmachern arbeitete und nicht unter der Unverlässlichkeit der angeworbenen Italiener zu leiden hatte. Hier sind die großen in der Sammlung vertretenen Einzelstücke aus Venedig und Hall zu nennen.

Während man diese feinen Gläser nur bemalen oder mit dem Diamanten ritzen konnte, haben findige Alchemisten des 17. Jahrhunderts den Glasfluss so verändert, dass man ein hartes, dickeres Glas für die Gravur mit dem Kupferrad erzeugen konnte, das vor allem nördlich der Alpen seinen Siegeszug antrat. Mit der Scheibe von Caspar Lehmann, der als Erfinder des Glasschnitts gilt, ist eine Inkunabel der Glaskunst im Sammlungsbestand, die 20 Jahre lang als Leihgabe im British Museum in London war.

Doch das war es nicht allein, auch die technischen Verbesserungen in Form von wasserbetriebenen Schleifmühlen zum Beispiel erleichterten nicht nur die Arbeit der Graveure der Hochschnittpokale in Schlesien wesentlich. Diese äußerst mühseligen Arbeiten des Friedrich Winter in Schlesien zählen neben den Bergkristallarbeiten jener Zeit zu den begehrtesten Objekten.

Zu den Höhepunkten in der Ausstellung gehören neben den oben genannten, der Deckelpokal mit Bärenhatz von Heinrich Schwanhardt sowie die Arbeiten von Johann Heinrich Balthasar Sang und Franz Gondelach, dem Meister der dreidimensionalen Darstellung. Auch der Deckelpokal mit Tabakskollegium, die Flasche mit Kalligraphie-Inschrift von Willem Jakobsz van Heemskerk sowie die diamantpunktierten Gläser von Frans Greenwood sind eindrucksvolle Zeugnisse großer Kunstfertigkeit. 

Der marmorierte Potsdamer Pokal wird im Kontext mit dem Alchemisten und Glaskünstler Johann Kunckel genannt, der durch seine bahnbrechende Publikation „Ars Vitraria Experimentalis oder vollkommene Glasmacher-Kunst“ und die große Erfindung des Goldrubinglases die europäische Glaskunst nachhaltig beeinflusste.

Eine weitere Attraktion ist ein Pokal mit Kreuzabnahme von dem bedeutendsten Graveur unter den Meistern der Biedermeierzeit, dem Glasschneider Dominik Biemann.

Abgerundet wird die Sammlung Liaunig durch die wunderbaren Gläser von Gottlob Mohn und Anton Kothgasser mit ihren in transparent gemalten Ansichten, die die Zeit des Biedermeier und den Wiener Kongress heraufbeschwören, der eine Neuordnung in Europa versuchte.

Anlässlich der Präsentation des zweiten Teils der Glas-Sammlung Liaunig erscheint Band II des Sammlungskataloges "Schnitt und Farbe", der wie Band I von Regine Kovacek verfasst wurde. 



Sammlungspräsentation "Gläser von 1500–1850“
Kuratorin: Regine Kovacek
28. April bis 31. Oktober 2024 ∙ Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr
Museum Liaunig ∙ 9155 Neuhaus/Suha 41 ∙ +43 4356 211 15
office@museumliaunig.at ∙ www.museumliaunig.at